Bericht Ski-Reha Uni Hildesheim / Medizinische Hochschule Hannover Pitztal 15.-22.3.25

Um sechs Uhr in der Früh fuhr am Samstag, den 15.3.2025 wie gewohnt der Reisebus der Firma Mecki-Reisen vom Parkplatz der Medizinischen Hochschule Hannover ab. Insgesamt 12 Familien und 12 Betreuer, bestehend aus zwei Ärzten, neun Sportstudent*innen aus Hildesheim und einem Veranstaltungsleiter, machten sich gemeinsam auf nach Jerzens am Hochzeiger ins schöne Pitztal. Von den insgesamt 49 Personen wussten nur einige wenige schon, was auf sie zukam, denn es gab sowohl einige Wiederholer unter den Familien als auch unter den Ausbilder*innen. Die meisten waren zwar entweder als Teamer über das Vorbereitungsseminar an der Universität Hildesheim vorbereitet oder als Teilnehmer*innen über den vorherigen Mail-Verkehr informiert, dennoch schien es zunächst ein weitgehend ungewisses Abenteuer zu sein, auf das man sich einließ.

Foto: Die Gesamtgruppe der Ski-Reha Pitztal 2025 von der Uni Hildesheim und der MHH

Das Institut für Sportwissenschaft der Uni Hildesheim veranstaltet seit 2013 jährlich eine ‚Ski- Reha‘ für an Krebs erkrankte Kinder und ihre Familien in einem Selbstversorgerhaus in Österreich. Die Fahrt und der Ort haben bereits eine lange Tradition und Erfolgsgeschichte. Skifahren bei einer malignen Erkrankung hört sich zunächst unvorstellbar an und manche würden es sogar als gefährlich vermuten. Tatsächlich birgt der Skisport aber keine größeren Verletzungsgefahren als andere Sportarten, sondern eher noch das Potenzial, dass alle hier Teilnehmenden eine meist neue, besonders faszinierende Bewegung in der Natur erlernen und alle weiteren Facetten des einwöchigen Zusammenlebens unter einem Dach bewusst wahrnehmen und erleben können, so dass es ein einmaliges, positives Erlebnis werden sollte.

Nach der Ankunft in Jerzens gegen 16 Uhr und dem typischen anfänglichen Trubel beim Zimmer beziehen, Auspacken, das Haus kennenlernen und auch schon mal die nähere Umgebung erkunden, konnten die Familien im benachbarten Skigeschäft schon ihr Leihmaterial anprobieren und mitnehmen. In der Zwischenzeit hat das Betreuungsteam in unserer Selbstversorgungsküche das erste Abendessen zubereitet. Nach dem Abendessen wurde zunächst der Ablauf dieser Woche erläutert mit gemeinsamen Essenszeiten, Einteilung der Küchendienste und Skigruppen, Skizeiten, Abendprogrammen, Zuständigkeiten etc. Anschließend fand noch ein kleines Kennenlernprogramm statt als Einstieg in die gemeinsamen Abendaktivitäten, bevor sich alle durch genügend Schlaf auf den nächsten Tag vorbereiteten.

An den ersten beiden Skitagen spielte zwar das Wetter noch nicht ganz so strahlend und sonnig mit, wie ab dem dritten Tag, aber die Outdoor-Aktivitäten begannen wie gewohnt mit einem intensiven, gemeinsamen, spaßbetonten Erwärmungsprogramm. Nachdem das Ritual der kollektiven Sonnenbegrüßung eingeführt wurde, zeigte diese sich auch immer mal wieder und die Skigruppen fanden sich für die gemeinsame Erkundung des Skigebiets oder den gemeinsamen Start am Anfängerhang zusammen. Niemand hielt sich besonders lange dort auf, da das Ausbilderteam mithilfe des geeigneten Vermittlungsweges in der Lage war, alle Teilnehmenden schnell, sicher und gezielt zu einer Grobform des parallelen Skifahrens zu bringen (www.ein-ski- methodik.de). Der Skiunterricht verlief grundsätzlich so, dass Erwachsene und Kinder getrennt betreut wurden, um Ablenkungen zu verringern. Zwischen den zwei Ski-Einheiten pro Tag fand eine gemeinsame Mittagspause in unserem Haus statt, das direkt über die Piste erreichbar war. Die Nachmittagseinheit endete in der Regel gegen 14.30 Uhr. So blieb genügend Zeit zur Verfügung, um sich zu erholen, zu spielen, in die Sauna zu gehen, zu malen, mitgebrachte Hausaugaben zu erledigen etc. Einige nahmen sogar die Möglichkeit wahr, ins eiskalte Wasser des nahgelegenen Bergsees zu springen. Die täglich wechselnden Kochgruppen bereiteten ab ca. 17 Uhr das Essen für alle zu. Parallel kam das Team zusammen, um den Tag zu reflektieren und ggf. Anpassungen für die nächsten Tage vorzunehmen, methodische Knihe zu besprechen, die Abende weiter zu planen und Gespräche über die Tagesaktualitäten zu führen.

Das Abendprogramm bestand aus Gesellschaftsspielen, einem Battle Klein gegen Groß, einem Casino-Abend, einer Kinder-Disco, einem Talentwettbewerb, dem Besuch der legendären

Skizwerge und auch der obligatorischen Nachtwanderung mit Fackeln. Jede(r) war herzlich eingeladen, an allen Aktivitäten teilzunehmen und kaum jemand hat diese Angebote ausgeschlagen, aber natürlich hatte man ggf. auch die Möglichkeit, auszusetzen und sich etwas Ruhe zu gönnen, wenn das nötig oder gewünscht war.

Am Samstag, den 22.3. räumten zunächst alle gemeinsam das Haus auf und packten alle Koher und mitgebrachten Utensilien, so dass wir um 9 Uhr den Bus packen konnten, um gegen 9.30 Uhr in Jerzens wieder Richtung Hildesheim und Hannover aufzubrechen. Vorher sang die gesamte Gruppe noch ein Dankeslied für die Familie Lentsch, die nicht nur die Hausbesitzer sind und uns bei allen möglichen Angelegenheiten unterstützt haben, sondern denen auch das Sportgeschäft gehört, über das sie uns zu Sonderkonditionen mit Leihmaterial ausgestattet und stets gut beraten haben.

Eine Studentin hat vor und nach der Fahrt für ihre Masterarbeit eine Befragung durchgeführt, bei der es um psychosoziale Ehekte der Reha-Maßnahme geht. Das Konzept der Fahrt sowie weitere wissenschaftliche Erhebungen über die letzten Jahre wurden bereits publiziert [1-5].
Neben dem sportlichen Schwerpunkt in der Natur an der frischen Luft kann man den sozialen Zusammenhalt und das ausgeprägte Wir-Gefühl als Besonderheit der Woche hervorheben. Das für viele neue Bewegungserlebnis in der Berglandschaft allein kann schon als etwas Besonderes bezeichnet werden. Hinzu kommen dann noch das Gruppenerlebnis und die beflügelnden individuellen Erfolge. Zieht man die Statements der Teilnehmenden und die Eindrücke des Teams hinzu, sind wohl Unbeschwertheit vereinbar mit Tiefgang, Optimismus, Zuversicht, Selbstbewusstsein, Hohnung, Vertrauen in den eigenen Körper, Loslassen, neue Freundschaften knüpfen und alte pflegen und eine generell positive Einstellung zum eigenen Leben die Begleiterscheinungen, die aus vielen verschiedenen ‚Magic Moments‘ resultieren. Was genau diese Momente ausmacht, wie sich das anfühlt und wie das für jede*n einzelne*n in Erinnerung bleiben wird, können tatsächlich nur diejenigen nachvollziehen, die dabei waren. Wenn man mit einem Wort die Gefühle der Teilnehmenden beschreiben sollte, dann wäre es wohl ‚Dankbarkeit‘. Wenn man mit einem Wort die Gefühle des Teams beschreiben sollte, dann dürfte es ‚Stolz‘ sein. Jedenfalls darf das Team wirklich stolz darauf sein, was es hier auf die Beine gestellt hat und wie gut die Herstellung eines Moments der Normalität funktioniert hat. Nicht selten überkamen uns dabei auch Gefühle von Rührung und ebenfalls Dankbarkeit.

Ich bedanke mich im Namen meines Teams und stellvertretend für alle Teilnehmer*innen recht herzlich für die wertvolle Förderung durch die Bürgerstiftung Hildesheim e.V. sowie weitere private Unterstützer und Förderer.

Das ‚Team-Pitztal‘

Ein besonderer Dank geht an mein großartiges Team, bestehend aus Sportstudierenden der Universität Hildesheim, ehemaligen Studierenden, die bereits als Lehrkräfte oder Therapeut*innen arbeiten und dem Projekt treu geblieben sind und Onkolog*innen aus der MHH. Ohne euch und ohne die finanzielle Unterstützung der Förderer wäre dieses Projekt nicht durchführbar.

Es bereitet uns große Freude, die Familien wieder glücklich und „zurück im Leben“ zu sehen und bedanken uns auch für ein sehr intensives, vertrauensvolles und schönes Miteinander.
Bei Interesse oder Fragen stehe ich gerne zur Verfügung unter kurpiers@uni-hildesheim.de. Weitere Informationen zu unserem Angebot gibt es unter https://www.uni- hildesheim.de/fb1/institute/institut-fuer-sportwissenschaft/mitglieder/professoren/prof-dr- nicolas-kurpiers/winter-und-wassersport-in-der-rehabilitation-krebskranker-kinder/
Mit freundlichen Grüßen

Nico Kurpiers

Prof. Dr. Nico Kurpiers
Bewegungswissenschaften und Gesundheitssport Institut für Sportwissenschaft
Universität Hildesheim

Bericht aus der Sicht einer Mutter (Familie Avila):

Wenn sich einmal im Jahr die Sportis der Uni Hildesheim mit der Medizinischen Hochschule Hannover zusammentun, dann ist eins sicher: Es wird nicht nur sportlich, sondern auch herzerwärmend. Und das Ganze findet nicht irgendwo statt, sondern mitten im Winterwunderland: im Pitztal in Österreich!
Diese legendäre Skifahrt war auch in diesem Jahr vom 15.- 22. März 2025 ein wirkliches Highlight. Es war eine Woche voller Lebensfreude, Gemeinschaft und unvergesslicher Momente für Patientenkinder und ihre Familien.
Von der ersten Minute an spürt man: Hier zählt das Miteinander. Egal ob auf Skiern, beim Abendprogramm oder beim gemeinsamen Kochen – jeder hilft jedem, keiner bleibt allein. Die Kids strahlen über beide Ohren, die Eltern können mal durchatmen, und die Teamer sind mit Herzblut und vollem Einsatz am Start.

Skifahren für alle

Skifahren können hier wirklich alle lernen – ganz egal, welche körperlichen Voraussetzungen mitgebracht werden. Mit einer extra Portion Geduld, einem Haufen kreativer Methodik und ganz viel guter Laune schahen es die Teamer, auf alle persönlich einzugehen. Ob stehend, sitzend, mit Hilfsmitteln oder einfach mit einem ordentlichen Schub Motivation – hier wird individuell geschaut, was geht.

In diesem Jahr ging so einiges: Unser eigenes Kind sauste am Ende der Woche mit ihrer Beinprothese, breitem Grinsen und jeder Menge Style die Piste runter, als wär’s das Normalste der Welt. Und irgendwie war’s das auch – weil Inklusion hier nicht nur ein Wort ist, sondern gelebt wird.

Piste, Pulverschnee & Programm deluxe

Vom Anfänger bis zum Pistenprofi kommt hier jeder auf seine Kosten. Und wenn die Skischuhe nachmittags in unserem gemütlichen Haus (direkt neben der Gondel!) ausgezogen werden, hört der Spaß noch lange nicht auf:

Nach dem gemeinsamen Abendessen starten die Teamer mit ihrem perfekt durchgeplanten Programm noch einmal richtig durch. Casinoabend mit selbstgebasteltem Glamour, kreative Talentshow, knihlige Quizrunde, Disco-Abende und gemeinsames Lachen beim Spieleabend – das ungezwungene Abendprogramm ist so abwechslungsreich wie liebevoll organisiert.

Krönender Abschluss: Magie unter Sternen

Den emotionalen Höhepunkt bildet die Fackelwanderung am letzten Abend. Durch die winterliche Dunkelheit geht’s mit flackerndem Licht auf einen mystischen Pfad. Und dann – ganz plötzlich – tauchen sie auf: die Berggeister! Mit Humor, etwas Zauber und ganz viel Herz führen sie die legendäre Skitaufe durch. Tränen in den Augen? Nicht ausgeschlossen.

Fazit

Wir sind uns sicher, dass so gut wie alle TeilnehmerInnen am liebsten ein weiteres Mal mitfahren würden, denn diese Fahrt ist kein gewöhnlicher Skiurlaub. Sie ist eine einzigartige Auszeit vom Alltag, eine Energiequelle für alle Beteiligten. Danke an alle, die das möglich machen – von der Organisation durch die Teamer über die großzügigen Geldgeber und Spender bis zu den Familien, die mit ihrer Ohenheit und Lebensfreude diese Woche zu etwas ganz Besonderem machen. Unser erstes Nachtrehen ist bereits fest geplant. Wir freuen uns schon, alle wiederzusehen…